Die MIT.BUS GmbH nahm zehn neue Fahrzeuge mit Erdgasantrieb in Betrieb. Damit hat das Tochterunternehmen der Stadtwerke Gießen ein wichtiges Ziel erreicht: Jetzt fahren alle Gießener Busse mit umweltschonendem Bio-Erdgas und sorgen so für sauberere Luft in der Stadt.
Die Diskussion um zu hohe Stickoxid-Konzentrationen, Feinstaub und drohende Fahrverbote in Städten nimmt kein Ende. Dabei gibt es – zumindest was den öffentlichen Personennahverkehr angeht – längst saubere Alternativen: Erdgas statt Diesel. Oder noch besser Bio-Erdgas. Ebendieser umweltschonende Energieträger treibt jetzt alle 54 Fahrzeuge der MIT.BUS GmbH an. Das Tochterunternehmen der Stadtwerke Gießen (SWG) setzt damit einen vorläufigen Schlusspunkt unter ein schon 2006 gestartetes Projekt: In den vergangenen 13 Jahren hat die MIT.BUS ihre gesamte Flotte nach und nach auf die effiziente und saubere Motorentechnik umgestellt. „Jetzt fahren wir fast CO2-neutral“, freut sich Mathias Carl, Geschäftsführer der MIT.BUS, anlässlich der offiziellen Inbetriebnahme der zehn neuen Erdgasbusse.
Die sukzessive Umstellung auf Erdgas in den Bustanks gehört zur lang angelegten Strategie des SWG-Konzerns. „Für uns stand es nie zur Diskussion, ein paar emissionsarme Fahrzeuge anzuschaffen und die dann gut sichtbar im Schaufenster zu drapieren“, ergänzt Matthias Funk, technischer Vorstand der SWG. „Wir brauchten auch keine Dieseldebatte als Auslöser. Uns ging es von Anfang an um einen nachhaltigen Personennahverkehr.“ Astrid Eibelshäuser, Vorsitzende des SWG Aufsichtsrats und Vertreterin der Stadt, äußerte sich zufrieden mit dem Engagement der MIT.BUS: „Deutschlandweit dürfte es nicht allzu viele Städte geben, die über eine vergleichbar saubere Busflotte verfügen – und das schon über einen so langen Zeitraum.“
Ökologisch und ökonomisch vorn
Tatsächlich hat die MIT.BUS für den vollständigen Umstieg auf Erdgasantrieb Geld in die Hand genommen. „Die aktuelle Anschaffung mit drei Gelenkzügen und sieben Solowagen hat ein Investitionsvolumen von etwa 3,4 Millionen Euro“, fügt Jens Schmidt hinzu. Damit sind die Fahrzeuge bei den Bezugskosten etwas teurer als herkömmliche Dieselbusse. Doch spätestens bei der volkswirtschaftlichen Betrachtung rollen sie schnell an die Spitze des Feldes. Denn Schadstoffemissionen – darüber sind sich alle Experten einig – kosten über kurz oder lang viel Geld.
Wie gut Bio-Erdgas-Busse im Vergleich mit anders angetriebenen Fahrzeugen liegen, erklärte Prof. Dr. Ralph Pütz von der Hochschule Landshut. Im Institut für angewandte Nutzfahrzeugforschung und Abgasanalytik untersuchte er die verschiedenen derzeit verfügbaren Antriebssysteme – unter anderem auch im Realbetrieb in Fahrzeugen der MIT.BUS. „Auch dieser Feldversuch mit dem hiesigen Streckenprofil bestätigte, dass der Erdgasantrieb deutlich bessere Werte bei den Stickoxiden erreicht als ein Dieselmotor“, fasst der Professor zusammen. Wenn – wie in Gießen – Bio-Erdgas in die Zylinder strömt, sinken zudem noch die CO2-Emissionen auf ein Minimum. Noch haben die Gießener Busse sogar im Vergleich mit Elektrobussen die Nase vorn: „Die Ergebnisse unserer Studien zeigen, dass Bio-Erdgas mittelfristig die sauberste und wirtschaftlich sinnvollste Lösung ist. Über die nächste Dekade hinaus bleibt der Einsatz von Biogas in Euro-VI-Erdgasmotoren die mit Abstand ökologisch verträglichste und darüber hinaus bezahlbare Option. Die Technikdiktatur, die sich aktuell in der Novelle der EU Clean Vehicles Directive offenbart, erschreckt mich als Wissenschaftler. Daher fordere ich die Politik zur unverzüglichen Rückkehr zu einer Technologieneutralität auf der Basis von Wirkvorschriften auf“, führt Prof. Dr. Ralph Pütz weiter aus.
Ganz ähnlich sieht das Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas. Er formuliert es so: „Gas statt Diesel kostet kaum mehr, bringt aber viel für die Umwelt. Busse mit erneuerbarem Gas sind die derzeit ökologischste und ökonomischste Alternative zum Diesel, wie unsere ÖPNV-Studie belegt. Ein weiterer Pluspunkt ist die Lieferzeit: Die Technik ist voll ausgereift und somit sofort verfügbar. Städte wie Gießen, die mit ihren knappen Geldern größtmöglichen Klimaschutz realisieren wollen, setzen daher auf Gas.“
Nicht nur sinnvoll, sondern auch bequem
Natürlich stehen neben dem Umweltgedanken vor allem wirtschaftliche Überlegungen ganz oben auf der Agenda der MIT.BUS, wenn es um neue Fahrzeuge geht. Aber selbstverständlich denken die Verantwortlichen auch an den Komfort der Fahrgäste. So verfügen alle zehn neuen Busse, wie schon einige ihrer Vorgänger, über mehr Aufstellfläche – etwa für Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühle. Außenschwenkschiebetüren sorgen für ein größeres Platzangebot im Innenraum. Überdies sind alle Neufahrzeuge mit Videoüberwachungsanlagen für mehr Sicherheit ausgestattet. Dachluken aus Glas lassen reichlich Tageslicht in die Gelenkbusse. Und wenn das nicht zur Verfügung steht, sorgen effiziente LED für ein gleichermaßen angenehmes wie modernes Ambiente. Zudem berücksichtigte die MIT.BUS eine Anregung aus dem Fahrgastbeirat nach zusätzlichen Haltemöglichkeiten. Im Stehbereich der zweiten Tür befinden sich jetzt zusätzliche Halteschlaufen.
Nachdem die MIT.BUS auch die letzten zehn Dieselfahrzeuge durch solche mit Erdgasantrieb ersetzt hat, verfügt Gießen jetzt über eine hochmoderne, effiziente, saubere und wirtschaftliche Busflotte, die fit ist für die absehbare Zukunft. „Darüber freuen wir uns heute“, sagt Mathias Carl. Um sofort zu ergänzen: „Wir nehmen unseren Auftrag sehr ernst. Deshalb verfolgen wir die technische Entwicklung aufmerksam. Und wenn sich neue, noch bessere Antriebe absehen lassen, werden wir uns wieder zusammensetzen und eine zukunftsfähige Entscheidung treffen.“