Noch immer gibt es bei Mädchen Berührungsängste, wenn es um technische Berufe geht. Das MINT Girls Camp hilft dabei, diese abzubauen und weibliche Fachkräfte für typische Männerdomänen zu gewinnen.
Die traditionellen Geschlechterrollen auf dem Arbeitsmarkt verändern sich – allerdings nur sehr langsam. Mädchen bewerben sich für Ausbildungen zur Bürokauffrau oder zur Erzieherin, während sich Jungs wesentlich häufiger für technische Berufe oder Tätigkeiten am Computer interessieren. Genau an dieser Stelle setzt das MINT Girls Camp an. 20 Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren aus ganz Hessen konnten eine Woche lang hinter die Kulissen von Berufen aus den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, kurz MINT, schauen – unter sich, in einem geschützten Umfeld. Ziel der Initiative ist die deutliche Abschwächung der klaren Einteilung in typische Männer- und Frauenberufe. Wie in den vergangenen Jahren organisierte die Sportjugend Hessen und das Unternehmen Provadis – Partner für Bildung und Beratung GmbH das MINT Girls Camp.
Stadtwerke Gießen wieder dabei
In diesem Jahr fand das Camp vom 1. bis zum 5. Juli statt. Bereits am Montag trafen sich die jungen Frauen in der „Erlebniswelt Metall“. Im Ausbildungszentrum der Stadtwerke Gießen (SWG) probierten die Mädchen zunächst verschiedene Werkzeuge und Arbeitstechniken aus. Aber nicht zum Selbstzweck, sondern mit dem Ziel, ein eigenes Werkstück herzustellen: ein Männchen aus Rohrfittings. Diese Figur nahmen die MINT-Girls mit in die Firma Bender nach Grünberg. Hier ergänzten sie ihre Werkstücke um LED-Module in den Köpfen sowie Schalter und USB-Steckdosen für die Stromversorgung in den Armen. „So entstand eine ganz besondere Leuchte“, erklärt Ruth Biehl-Franze, bei den SWG für die Ausbildung zuständig. „In dieser spannenden Woche erhalten die Schülerinnen Gelegenheit, erste ganz praktische Erfahrungen in technischen Ausbildungsberufen zu machen. Das hilft ihnen sicher dabei, die Scheu davor abzulegen“, ist sie sich sicher.
Dem Fachkräftemangel entgegenwirken
Der Abschluss des Camps fand wie in den Vorjahren bei den SWG statt. Am Freitag Nachmittag begrüßte Hans-Jürgen Schulz, Leiter Personal & Organisation bei den SWG, die Mädchen ein letztes Mal bei den Stadtwerken. Im Rahmen dieser Veranstaltung präsentierten die jungen Frauen ihren Eltern sowie den Vertretern der beteiligten Unternehmen ihre Erfahrungen sowie die selbst gebauten Leuchten.
„Wir müssen die vielen jungen klugen Köpfe systematisch fördern, um ihnen eine berufliche Perspektive in den MINT-Berufen zu eröffnen“, betonte Hans-Jürgen Schulz in seiner kurzen Rede. Deutschlandweit fehlen bereits Tausende Fachkräfte vor allem in Berufen mit technischem, mathematischem oder naturwissenschaftlichem Hintergrund. Praktisch alle Experten prognostizieren, dass sich diese Situation weiter verschärft. „Gerade wegen des zu erwartenden akuten Fachkräftemangels möchten wir junge Frauen ermutigen, sich bei der Berufswahl nicht in gängige Rollenklischees zwängen zu lassen. Genau deshalb beteiligen wir uns gern am MINT Girls Camp“, fasst Hans-Jürgen Schulz zusammen.