Am 21. August 2015 beginnen die Bauarbeiten an der TREA 2 mit dem offiziellen ersten Spatenstich. Wie die TREA 1 verwertet auch die neue Anlage aufbereitete Abfälle. Damit erzeugt die TREA 2 nicht nur Wärme, sondern auch noch Strom.
Die Energiewende in der Region kommt ein weiteres großes Stück voran: Am 21. August fällt der Startschuss für die Bauarbeiten an der TREA 2. Mit dem neuen Heizkraftwerk betreten die SWG einmal mehr technisches Neuland. Denn statt die erste, hocheffizient arbeitende TREA zu kopieren und im Detail zu verbessern, gehen die Ingenieure der SWG einen neuen Weg: Die TREA 2 wird neben Wärme auch Strom erzeugen.
TREA steht für thermische Reststoffbehandlungs- und Energieverwertungsanlage. Die Anlage verfeuert mittelkalorische Abfälle – sogenannten Ersatzbrennstoff – und erzeugt so Wärmeenergie. Die dabei entstehenden Temperaturen reichen zwar aus, um Heißwasser und Dampf für das Fernwärmenetz zu erzeugen, sind aber zu niedrig, um wirtschaftlich Strom zu produzieren. Doch genau das wollten die verantwortlichen Ingenieure der Stadtwerke erreichen. „Wir mussten uns also etwas ausdenken, wie wir den Dampf, den wir mit der Verbrennung des Abfalls produzieren, so überhitzen, dass wir damit einen Generator antreiben können“, erklärt Matthias Funk, Technischer Vorstand der Stadtwerke Gießen, der die Anwesenden begrüßte.
Mit ihrem völlig neuen Konzept leisten die Planer der SWG einmal mehr Pionierarbeit in Sachen Effizienz. Um das Problem der zu geringen Temperaturen zu lösen, greifen die Experten auf eine bewährte Technik zurück: Zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) übernehmen die nötige Temperatursteigerung. Die Abgase dieser effizienten Aggregate sind so heiß, dass sie den Dampf auf über 350 Grad Celsius bringen – genug für die Stromproduktion.
Innovatives und zuverlässiges Doppel
Die Kombination von Abfallverbrennung und zwei gasbetriebenen BHKW bietet neben der hohen Energieeffizienz einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil: Die Gesamtanlage ist extrem variabel. „Wir können die TREA 2 im Bereich von 1,3 bis 5,5 Megawatt elektrische Leistung fahren. Damit können wir künftig sehr flexibel auf die Marktsituation reagieren “, freut sich Funk.
Wegen der guten Erfahrungen mit der ersten TREA und mit den BHKW-Modulen kalkulieren Matthias Funk und Matthias Fink, Leiter der Abteilung Wärmeversorgung und als solcher für das Projekt verantwortlich, mit einer denkbaren Jahreslaufleistung von etwa 7400 Stunden. Das bedeutet, dass die TREA 2 genug Wärme produziert, um den Bedarf von zirka 4200 Einfamilienhäusern zu decken. Insgesamt gehen die Experten der Stadtwerke von einer Jahres-Wärmeerzeugung von etwa 75 Millionen Kilowattstunden aus.
Auch die erwartete Stromausbeute der TREA 2 beeindruckt: Bei einer Systemgesamtleistung von 5,5 Megawatt liegt die prognostizierte Stromproduktion bei rund 40.600 Megawattstunden. Genug, um rund 13.500 Durchschnittshaushalte mit Strom zu versorgen. Diese Werte wird die TREA 2 allerdings unter realen Einsatzbedingungen nicht ganz erreichen. Schließlich ist die Anlage auf Flexibilität ausgelegt. Und das bedeutet, dass sie nicht durchgehend mit der vollen Kapazität arbeiten wird.
Eigenproduktion steigt spürbar
Mit der TREA 2 erhöhen die SWG ihre Strom-Eigenerzeugung von CO2-neutralem Strom auf jährlich 180.000 Megawattstunden. Darüber hinaus wird die direkt neben der ersten TREA entstehende Anlage künftig 17 Prozent der im SWG-Netz benötigten Wärme bereitstellen. Dafür können die Stadtwerke dann ältere, weniger effiziente Anlagen abschalten.
Das hat einen positiven Einfluss auf die ohnehin schon hervorragende Umweltbilanz der SWG-Fernwärme. „Selbst wenn wir konservativ kalkulieren, gehen wir davon aus, dass die TREA 2 unseren Primärenergiefaktor in Gießen von schon sehr guten 0,36 auf deutlich unter 0,2 senken wird “, rechnet Matthias Fink vor. Der Primärenergiefaktor steht für das Verhältnis von eingesetzten fossilen Energieträgern zur damit produzierten Wärme. Konkret bedeutet dies, dass die Stadtwerke Gießen mit der Inbetriebnahme der TREA 2 nur noch weniger als 0,2 Kilowattstunden Erdgas einsetzen müssen, um eine Kilowattstunde Wärme herzustellen.
Rundum sauber
Selbstverständlich übererfüllt auch die TREA 2 alle aktuellen Anforderungen in Sachen Umweltschutz. Die festen Verbrennungsrückstände sind frei von Giften und lassen sich im Straßenbau einsetzen. Aufwendige Abgasreinigungstechnik sorgt wie bereits in der TREA 1 dafür, dass keine gefährlichen Schadstoffe über den Kamin in die Umwelt gelangen.
Beim ersten Spatenstich war auch Regierungspräsident Dr. Lars Witteck zugegen. Er lobte das Engagement der Stadtwerke: „Mit der TREA 2 gehen die SWG einmal mehr neue Wege. Als zuständige Genehmigungsbehörde haben wir schon seit einiger Zeit einen guten Einblick in das innovative Konzept. Meiner Meinung nach ist diese neue TREA ein weiterer Meilenstein für die Energiewende in der Region.“ In diese Richtung gingen auch die Grußworte der Gießener Oberbürgermeisterin, Dietlind Grabe-Bolz: „Mit der TREA 2 machen die Stadtwerke Gießen die Wärme- und Stromversorgung in Gießen und der Region ein gutes Stück sauberer und effizienter.“ Tatsächlich biete die neue Anlage entscheidende Umweltvorteile. Jahr für Jahr ersetzt sie den Einsatz von rund 8,5 Millionen Litern Heizöl – das ist soviel wie etwa 470 Tankfahrzeuge transportieren können. Das erspart der Umwelt jährlich 28.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid. Dazu kommt noch, dass der wichtigste Brennstoff – der aufbereitete Abfall – aus der Region stammt. „Neben einer breiten Diversifizierung der Brennstoffe achten wir bei der Konzeption jeder Erzeugungsanlage darauf, dass ein möglichst großer Teil der Wertschöpfung in der Region bleibt“, erklärt Matthias Funk anlässlich des ersten Spatenstichs. „Mit dieser Vorgehensweise unterstreichen wir, dass wir unseren Slogan ‚Mit Energie. Für die Region.´ wirklich ernst nehmen und leben.“
Beim Spatenstich anwesend waren außerdem noch Vertreter der Bürgerinitiative „Lebenswertes Gießen“, der kaufmännische Vorstand der SWG, Jens Schmidt, und auch die beiden ehemaligen SWG-Vorstände, Reinhard Paul und Manfred Siekmann.