PV-Strom direkt vom Dach

Arbeiten schon viele Jahre erfolgreich zusammen (von links): Kai Bülow, Geschäftsführer der Depant Bauträger GmbH & Co. KG, Jörg Hintz, Technischer Leiter bei Depant, Thimo Rieger, Projektentwickler bei den SWG, SWG-Projektleiterin Lisa Müller und Andreas Fuchs, Leiter Vertrieb bei den SWG.

Im entstehenden Quartier Philosophenhöhe nutzen die Stadtwerke Gießen alle verfügbaren Dächer zur solaren Stromerzeugung. Das bedeutet günstige und saubere elektrische Energie für die Menschen, die hier leben.

 

 

Im Osten Gießens, nördlich der Grünberger Straße und etwa auf Höhe des Waldstadions, entsteht derzeit das Stadtquartier Philosophenhöhe. Auf dem etwa 3,2 Hektar großen Areal lässt die Firma Depant in den nächsten Monaten insgesamt 66 Einfamilienhäuser sowie 14 Wohn- und Geschäftsgebäude mit 124 Wohnungen und bis zu zehn Gewerbeeinheiten errichten. Schon früh in der Planungsphase nahm der in Gießen ansässige Bauträger die Stadtwerke Gießen (SWG) mit ins Boot. Denn das städtische Bauamt knüpfte die Genehmigung des Projekts an strenge Auflagen: Mindestens die Hälfte der Gesamtdachfläche muss mit Photovoltaikmodulen ausgestattet sein. Darüber hinaus waren ein hoher Anteil erneuerbare Energien für die Beheizung sowie die Einbindung der gesamten Infrastruktur in das Flex-Quartier-Forschungsprojekt gefordert. „Für eine solch anspruchsvolle Aufgabe braucht es starke Partner, durchdachte Konzepte und ein funktionierendes Miteinander. Aufgrund der vielfach erprobten und erfolgreichen Zusammenarbeit bei vergangenen Projekten waren die SWG für uns als geschätzter regionaler und leistungsstarker Kontakt erster Ansprechpartner“, erinnert sich Kai Bülow, Geschäftsführer von Depant.

 

Smarte Alternative

Anders als Fernwärme, die inzwischen voll akzeptiert ist und von vielen sogar präferiert wird, erweist sich das Thema Photovoltaik (PV) für Bauträger insbesondere angesichts komplexer verwaltungs- und steuerrechtlicher Hürden oftmals als aufwendig. „Die Anlagen standardmäßig auf jedem Dach zu installieren und mitzuverkaufen, würde zudem die Preise deutlich steigen lassen“, gibt Thimo Rieger zu bedenken. Er hat das Projekt bei den SWG entwickelt und nennt die für einen Bauträger smarte Alternative: „Wir mieten die Dachflächen, bauen die Solaranlagen auf, betreiben sie und bieten den damit erzeugten Strom zu besonders günstigen Konditionen an. Direkt vor Ort und exklusiv.“

Der Fachbegriff für dieses Geschäftsmodell lautet Mieterstrom. „Eigentlich wäre Bewohnerstrom der bessere Ausdruck“, findet Lisa Müller. Die staatlich geprüfte Betriebswirtin leitet das Projekt bei den SWG. Denn nicht nur Mieterinnen und Mieter kommen in den Genuss des attraktiven SWG-Angebots, sondern auch Eigentümerinnen und Eigentümer, die ihre Immobile selbst nutzen. Mieterstrom beschränkt sich im Übrigen nicht auf den Solarstrom vom jeweiligen Dach. Wenn die Sonne nicht scheint, liefern die SWG im Rahmen dieses Angebots reinen Ökostrom – zu den gleichen Konditionen, versteht sich. „Mieterstrom kostet ab Januar 2024 29,95 Cent pro Kilowattstunde und liegt damit mehr als zehn Prozent unter dem Grundversorgungstarif“, rechnet Lisa Müller vor. Der Grundpreis ist mit 115 Euro pro Jahr 13,52 Euro günstiger als in der Grundversorgung.

In diesem Kontext wichtig zu wissen: Wer im Quartier Philosophenhöhe wohnt, kann Mieterstrom von den SWG beziehen. „Das Angebot spricht für sich. Und die Menschen suchen zusehends nach Möglichkeiten, selbst etwas für das Klima zu tun“, ist Andreas Fuchs, Leiter Vertrieb bei den SWG, überzeugt und ergänzt: „Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit Mieterstrom beziehen möchte.“

 

38 Dächer, elf Teilanlagen

Insgesamt lassen die SWG PV-Module mit einer Leistung von rund 707 Kilowatt Peak auf insgesamt 38 Dächern installieren – auch auf Carports und Garagen. Das bedeutet, dass die SWG 51,8 Prozent der gesamten verfügbaren Dachfläche für die solare Stromproduktion nutzen werden und so die dem Bauträger auferlegte Forderung der Stadt sogar übertreffen. „Wir fassen immer mehrere Einzelanlagen auf den Häusern zu einer größeren zusammen“, beschreibt Lisa Müller das Vorgehen. Wenn alle Gebäude stehen, wird es elf dieser größeren Teilsysteme geben. Und damit elf eigenständige Mieterstrommodelle. „Auf diese Weise können wir der Entwicklung der verschiedenen Bauabschnitte am besten folgen“, erklärt Thimo Rieger.

Die Verantwortlichen bei den SWG rechnen nach dem Endausbau mit 614.000 Kilowattstunden Stromausbeute pro Jahr. Rund 250.000 Kilowattstunden davon sollten in den Mieterstrom fließen. Damit lassen sich zwischen 40 und 60 Prozent des Bedarfs im Quartier decken. Die relativ große Spanne erklärt sich im Wesentlichen aus vier Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt: der Zahl der Menschen, ihrem Verbrauchsverhalten, der Größe der zusammengefassten Teilanlagen und der Ausrichtung der einzelnen Module.

 

Noch viel zu tun

Bislang sind bereits 52 Häuser und Wohnungen bezogen, und der Bau des übrigen Quartiers geht weiter wie geplant voran. „Stand heute rechnen wir damit, das gesamte Quartiers-Projekt in 2026 fertigstellen zu können“, prognostiziert Kai Bülow. Bis dahin bleibt noch viel zu tun. Auch für Thimo Rieger und Lisa Müller. Denn die SWG kümmern sich nicht nur um Fernwärmeanschlüsse und Mieterstrom, sondern beteiligen sich auch an der immer wichtigeren Ladeinfrastruktur. „Wir gehen davon aus, dass wir im künftigen Parkhaus Ladesäulen aufstellen und betreiben. Hier wird das Laden mit unserer E-Tanken App möglich sein“, kündigt Andreas Fuchs an. Mit diesem Angebot möchte Depant das umfangreiche Ladekonzept, das unter anderem für alle Haus- und Wohnungsbewohner individuelle Lademöglichkeiten für Autos und Fahrräder sowie ein E-Car-Sharing- und E-Lastenrad-Sharing-Angebot vorsieht, sinnvoll ergänzen.

Das Stadtquartier Philosophenhöhe zeigt eindrucksvoll, was regional verwurzelte, gut eingespielte Partner auf die Beine stellen können. Zugegeben – zuerst einmal profitieren die hier lebenden Familien von modernen, energieeffizienten Gebäuden. Doch die Strahlkraft des Projekts ist nicht zu unterschätzen. Schließlich treten Depant und die SWG den Beweis dafür an, dass klimaschonendes Bauen bezahlbar ist. Darüber hinaus leistet das Quartier einen wichtigen Beitrag zum Erreichen des ambitionierten Ziels, Gießen bis 2035 klimaneutral zu machen.

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