Auf dem Standort der Stadtwerke Gießen auf dem ehemaligen Gail’schen Gelände herrscht in diesen Tagen große Betriebsamkeit. Die SWG errichten zusammen mit dem Partner Ludwig Kreiling GmbH und Co. KG eine Anlage zur beschleunigten Carbonatisierung der Aschen aus der Thermische Reststoffbehandlungs- und Energieverwertungsanlage (TREA). Der Bau erfolgt im Rahmen eines Forschungsprojekts mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM). Projektleiter ist Prof. Dr. Harald Weigand vom Kompetenzzentrum für Energie- und Umweltsystemtechnik der THM. Das Land Hessen fördert das Vorhaben.
Thermische-Reststoff-Verwertungsanlagen produzieren Strom und Heizenergie. Dadurch werden entsprechend große Mengen an fossilen Brennstoffen eingespart. Die gleichzeitige Nutzung von Wärme und Strom reduziert gegenüber der getrennten Produktion – Wärme im Kessel, Strom im Kraftwerk – bis zu 40 Prozent des Brennstoffverbrauchs.
Bei der Erzeugung von Strom und Heizenergie fallen als Reststoffe in Deutschland pro Jahr 5,2 Millionen Tonnen Asche an. Die Umweltverträglichkeit dieser Aschen hängt entscheidend davon ab, wie leicht sich die darin enthaltenen Schwermetalle und Salze im Wasser lösen. Je geringer diese Auslaugbarkeit, desto kostengünstiger ist die Entsorgung.
Genau hier setzt das Projekt an, denn die Aschen sind eine CO2-Falle und die Einbindung des Gases reduziert die Auslaugbarkeit von zum Beispiel Blei, Kupfer oder Zink aus dem Feststoff um bis zu 99,5 Prozent. Diese sogenannte Carbonatisierung wollen die Projektpartner beschleunigen. Dazu wird die Asche in der Demonstrationsanlage auf dem ehemaligen Gail’schen Gelände durch einen Drehrohrreaktor geleitet. Diesem wird gleichzeitig das CO2-haltige Abgas des benachbarten Blockheizkraftwerks zugeführt. „Wir wissen, dass wir damit in weniger als einer Stunde denselben Carbonatisierungseffekt erzeugen können, der unter natürlichen Bedingungen mehrere Monate dauert“, erklärt der Wissenschaftliche Mitarbeiter Felix Brück, der im Rahmen des Projekts promoviert. „Dieser Zeitraffereffekt erlaubt eine Integration in das bestehende Reststoffmanagement von Verbrennungsanlagen wie der TREA. Die Aschequalität verbessert sich um bis zu zwei Deponieklassen, und vielleicht wird sogar eine Nutzung als Ersatzbaustoff möglich.“
Der Probebetrieb der Anlage wurde durch das Regierungspräsidium für die Dauer von drei Monaten genehmigt. „In dieser Zeit hoffen wir, im Vollmaßstab die Ergebnisse der aufwendigen Experimente in den THM-Laboratorien bestätigen zu können“, so Matthias Funk, Technischer Vorstand der Stadtwerke Gießen.
Das Forschungsvorhaben läuft bis Ende 2017 und hat ein Gesamtvolumen von 575.000 Euro. Es wird im Rahmen der Förderlinie 3 der hessischen „Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ (Loewe) unterstützt. Damit bezuschusst die Landesregierung Projekte, bei denen Hochschulen mit kleinen und mittleren hessischen Unternehmen zusammenarbeiten.