Mit dem Vollzug der Energiewende stehen Deutschland massive strukturelle Veränderungen bevor. Welche das sind, zeigt der Dokumentarfilm „Power to change – Die EnergieRebellion“, der am 17. März auch in Gießen anläuft. Im Rahmen einer Diskussion im Anschluss an die Vorstellung am Freitag erklärt Vorstand Matthias Funk, wie die Stadtwerke Gießen die Energiewende vorantreiben.
Ziemlich genau fünf Jahre nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima kommt mit „Power to Change – Die EnergieRebellion“ ein spannender Dokumentarfilm in die deutschen Kinos. Das Werk beschreibt aus verschiedenen Blickwinkeln, wie Deutschland das Jahrhundertprojekt Energiewende angeht, wo es bereits weit gediehen ist und an welchen Stellen es noch hakt.
Die logische Konsequenz eines solch kontroversen Films: eine leidenschaftliche Diskussion. Eben die findet im Anschluss an die Freitagsvorstellung von „Power to Change“ im Kinocenter Gießen statt. Neben Martin Krauss, Sprecher des BUND-Landesarbeitskreises Energie, sitzt Matthias Funk, technischer Vorstand der Stadtwerke Gießen AG (SWG), auf dem Podium. Seine Anwesenheit hat einen Grund. Schließlich engagieren sich die SWG schon lange Zeit als ein regionaler Vorreiter der Energiewende. Effiziente Biogasanlagen, die TREA, in der aus Abfall Wärme entsteht, Biomasseheizwerke und über 100 Blockheizkraftwerke, von denen die größten mit Biogas befeuert werden, sprechen eine klare Sprache.
Auch die reinen Zahlen überzeugen. Im Jahr 2014 entstanden nur noch 7,5 Tonnen klimaschädliche Treibhausgase pro Gießener Bürger – 2,8 Tonnen weniger als noch 1990. „In diesen 24 Jahren haben wir die Emissionen um 27 Prozent reduziert“, betont Matthias Funk. Auch beim Primärenergiefaktor belegten die SWG einen Spitzenplatz im nationalen Vergleich: Für Gießen liegt er bei 0,36. Das bedeutet, dass die SWG pro Kilowattstunde Wärme, die sie an ihre Kunden liefern, nur noch 0,36 Kilowattstunden Energie aus Erdgas, Öl oder Kohle aufwenden müssen. Der Rest stammt bereits aus regenerativen Quellen. Damit einher geht natürlich der Ausbau der erneuerbaren Energien in der Stromerzeugung. Hier lag der regenerative Anteil schon 2014 bei rund 26 Prozent.
Obwohl die SWG auf dem Weg der Energiewende deutlich weiter sind als das Gros der deutschen Energieversorger, arbeiten die Spezialisten aus der Lahnstraße bereits an zahlreichen weiteren Projekten, mit denen sie regenerative Energien nutzen möchten. Die bereits im Bau befindliche TREA II dürfte, wenn sie 2017 in Betrieb geht, den Primärenergiefaktor schlagartig auf unter 0,2 absenken. Darüber hinaus loten die Experten gemeinsam mit Wissenschaftlern der Technischen Hochschule Mittelhessen viele weitere Möglichkeiten aus. Etwa, wie Klärschlamm oder Bioabfälle effizient in nutzbare Energie verwandelt werden können.
Gemeinsam noch mehr erreichen
Für die Zukunft sieht es Matthias Funk als eine zentrale Aufgabe der SWG an, zusammen mit der Stadt Gießen, den zahlreichen Kommunen im Landkreis und den Bürgerinnen und Bürgern die Energiewende vor Ort weiter voranzutreiben. „Gemeinsam können wir die ehrgeizigen Vorgaben der Bundesregierung wahrscheinlich sogar übertreffen“, ist sich der Diplom-Ingenieur sicher.
Ein gutes Stück des Wegs ist bereits zurückgelegt. So erhalten alle Privathaushalte und kleine Gewerbebetriebe automatisch und ohne jeden Aufpreis kernkraftfrei erzeugten Gießener Grünstrom. Rund 40 Prozent dieses Stroms – also etwa 109 Millionen Kilowattstunden jährlich – entstehen quasi nebenan, auf klimaschonende Weise in den zahlreichen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Sie produzieren gleichzeitig elektrische Energie und Wärme. Letztere gelangt über das Fernwärmenetz in der Stadt ebenfalls als nachhaltige Energie in die Haushalte. Dank der KWK sparen die Stadtwerke Gießen im Gegensatz zur getrennten Erzeugung von Wärme und Strom etwa 78000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr ein.
Fazit: Die Messlatte liegt hoch in Gießen und der Region. Aber die technischen Möglichkeiten sind noch lange nicht ausgereizt. Es bleibt also spannend. Nicht nur im Film.
„Power to Change – Die EnergieRebellion“
Freitag, 18. März, 18.30 Uhr, im Anschluss Diskussion mit Martin Krauss und Matthias Funk