Seit 1991 leitete Manfred Siekmann die Geschicke der Stadtwerke Gießen (SWG) mit – nun geht er in den Ruhestand. Am Mittwoch, den 26. November verabschiedeten die SWG ihren langjährigen Vorstandsvorsitzenden. Bei der Feier in der Kongresshalle Gießen blickten Manfred Siekmann und seine beruflichen Wegbegleiter auf die Höhepunkte der vergangenen Jahrzehnte zurück.
„Was ich über Sie weiß, ist schlicht und ergreifend äußerst beeindruckend. Eine Lebensleistung, die ihresgleichen sucht – da bin ich mir sicher“, sagte Astrid Eibelshäuser, Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke Gießen (SWG), bei ihrer Rede zur Verabschiedung des SWG-Vorstands Manfred Siekmann am Mittwoch, den 26. November. Rund 150 geladene Gäste waren in die Kongresshalle Gießen gekommen, um gemeinsam mit Manfred Siekmann dessen Ausstand zu feiern. Seit 1991 stand der gebürtige Ostwestfale an der Spitze des kommunalen Energieversorgers. Gemeinsam mit dem technischen Vorstand Reinhard Paul leitete er während der vergangenen rund zweieinhalb Jahrzehnte die Geschicke des Unternehmens.
Zu den großen Verdiensten von Manfred Siekmann gehört unter anderem, die SWG erfolgreich vom damals herrschenden Monopolmarkt in den freien Wettbewerb geführt zu haben. „Vertrieb und Handel hießen die Herausforderungen, denen Sie sich mit größter Beharrlichkeit und Fachkompetenz gestellt haben. Es galt, wahre Aufbauarbeit zu leisten und alle auf dem Weg in den Wettbewerb mitzunehmen. Sie, verehrter Herr Siekmann, haben das geschafft“, hob Astrid Eibelshäuser hervor.
Erfolgsformel: In der Ruhe liegt die Kraft
Als Synonym für die Leistung und Einstellung führte die SWG-Aufsichtsratsvorsitzende ein markantes Beispiel an. Es handelt sich um die Nacht des Jahrtausendwechsels – Minuten und Sekunden vor dem 1. Januar 2000. Damals befürchteten viele Skeptiker und manche Experten, dass zu diesem historischen Datum eventuell einige Computer ihren Dienst verweigern könnten. Eine mögliche Folge: flächendeckende Stromausfälle. Manfred Siekmann blieb jedoch ruhig und erhöhte den Einsatz sogar noch. In den Wochen vor dem Jahrtausendwechsel leitete er den größten Stromlieferantenwechsel in der Geschichte der SWG ein – von PreußenElektra hin zu EnBW. Dieser erfolgte um null Uhr am 1. Januar 2000. „Sie haben alle Risiken – wirtschaftlich, juristisch, wettbewerblich – im Kreise Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohl bedacht und mit Ihrer Präsenz an diesem Abend in der Netzleitstelle das so wegweisende Projekt bis zur finalen Umsetzung persönlich und engagiert begleitet“, erklärte Astrid Eibelshäuser und fügte an: „Das ist für mich eines der herausragenden Beispiele Ihres langen Arbeitslebens im Dienste der Stadtwerke und steht für viele mehr.“
Engagiert und stets ein offenes Ohr
Zusammen mit Vorstandskollege Reinhard Paul stellte Manfred Siekmann die richtigen Weichen, um die Stadtwerke Gießen zu einem Vorreiter in Sachen Energiewende werden zu lassen. Mit seiner Beharrlichkeit und seinen guten Argumenten überzeugte er nahezu jeden Skeptiker. Nicht zuletzt auch aufgrund seines Engagements in zahlreichen Gremien und Verbänden, etwa als Mitglied im Bundesvorstand des Verbandes der kommunalen Unternehmen oder Vertreter in der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg. Zudem initiierte er den SWG-Kundenbeirat, dessen Mitglieder die Bürgermeister der Kommunen in der Region sind. Stellvertretend für seine Amtskollegen im Landkreis hob Karl-Heinz Schäfer, Bürgermeister der Stadt Pohlheim, in seiner Rede hervor: „Das Motto ‚Ein Stadtwerk stemmt die Energiewende – gemeinsam mit Stadt und Region’ genießt bei uns kommunalen Vertretern große Bedeutung, vor allem der zweite Teil des Satzes. Bei unseren Gesprächen hast Du, lieber Manfred, Deine regional geprägte Sicht und Deine kommunale Nähe immer gelebt. Das hat sich stets als hilfreich erwiesen.“
Manfred Siekmann selbst betonte bei seinem Ausstand, dass er allein nur einen gewissen Teil zum Erfolg der vergangenen Jahre beigetragen habe: „Am meisten haben mich die Menschen beeindruckt, die bei den SWG arbeiten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen sich enorm für das Unternehmen ein und leisten deshalb einen großen Beitrag dafür, dass wir heute so gut dastehen.“ Dass der scheidende Vorstand schon immer ein offenes Ohr für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatte und ihnen vertraute, belegte Astrid Eibelshäuser anhand einiger Zitate, die während der vergangenen Wochen gesammelt wurden. So betonte eine Mitarbeiterin, dass der Freiraum sehr stark motiviert habe, die Aufgaben noch besser zu erledigen. Ein Mitarbeiter gab an, dass ihm eine Sache ganz besonders imponiert habe – der jährliche Weihnachtsrundgang: „Da ging er hin zu jedem von uns, schüttelte uns die Hand und wünschte schöne Feiertage.“
Das partnerschaftliche Agieren und vertrauensvolle Miteinander sprach auch Wilken Gräf, Vorsitzender des Betriebsrats der SWG, bei seiner Rede an: „Sie, Herr Siekmann, haben mit fachlicher Kompetenz, sachlicher Argumentation und mit ruhiger Ausstrahlung eine angenehme und produktive Zusammenarbeit für uns, den Betriebsrat ermöglicht.“
Reinhard Paul fügte hinzu, dass er selten einen solch beharrlich agierenden Menschen kennengelernt habe. „Das war und ist seine größte Stärke – nicht aufgeben, einfach nur beharrlich dran bleiben. Dadurch hat er den Stadtwerken so viele Erfolge gebracht“, unterstrich der langjährige Vorstandskollege von Manfred Siekmann.
Musikalisches Porträt und Tipps an den Nachfolger
Nach den Redebeiträgen kündigte Journalistin Constanze Schleenbecker-Büttner, die durch das Programm der Veranstaltung führte, ein emotionales Highlight der Verabschiedungsfeier an: den Auftritt von Heinz-Jörg Ebert, allseits bekannt als Mitglied der Drei Stimmen. Der Gießener Unternehmer ehrte Manfred Siekmann am Flügel mit persönlichen und bebildert untermalten Liedern, die auf den scheidenden Vorstand zugeschnitten waren.
Bevor Manfred Siekmann den Staffelstab anschließend offiziell an seinen Nachfolger Jens Schmidt überreichte, bedankte er sich bei all seinen Wegbegleitern für die vielen schönen Momente und die gute Zusammenarbeit. Dem künftigen kaufmännischen Vorstand gab er außerdem einen Tipp mit auf den Weg: „Für mich sind Vertrauen und Kompetenz die Schlüssel zum Erfolg. Deshalb mein Rat an Herrn Schmidt, an dich, lieber Jens: Gib den Menschen dieser Stadt, dieser Region und den Mitarbeitern der SWG einen Vertrauensvorschuss. Dann bin ich sicher, wirst du immer gut fahren.“ Er selbst will sich nun wieder stärker seiner Familie widmen und einem Hobby, das viel zu kurz gekommen sei: „Ich möchte wieder mehr Akkordeon spielen.“
Der neue Vorstand Jens Schmidt freut sich bereits auf die anstehenden Aufgaben: „Die Stadtwerke Gießen zeichnen sich durch ihre Kooperation mit Unternehmen, Geschäftspartnern, Kunden und Kommunen aus sowie durch ihr Engagement für die Menschen, Vereine und Institutionen wie beispielsweise die Feuerwehren dieser Region. Eine echte Partnerschaft, die mich von Anfang an beeindruckt hat und die ich gern weiterführen werde.“