Gießen. Biogas zur Energiegewinnung einzusetzen, ist eine wirtschaftlich tragfähige und für die Umwelt sinnvolle Technologie. Hiervon sind die Stadtwerke Gießen (SWG) überzeugt und berufen sich auf die Erfahrungen mit eigenen Biogasanlagen.
Damit treten die SWG entschieden einer Darstellung des Vorsitzenden des Gießener Mieterverbands entgegen. Dieser hatte sich in einem Zeitungsartikel dafür ausgesprochen, die Förderung von Biogasanlagen über das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu stoppen. Die Alternative Fotovoltaik, die laut Zahlen des Bundesumweltministeriums höher subventioniert wird als Biogas, hält er für wesentlich flächeneffizienter. Biogasproduzenten trieben den Methan- und Lachgasausstoß in die Höhe und verstärkten damit den Treibhauseffekt. Zudem verteuere der Anbau von Nutzpflanzen für die Energiegewinnung den weltweiten Preis für Mais und Weizen.
Gute Umweltbilanz von Biogas
Dem widersprechen die Stadtwerke Gießen: Biogas ist eindeutig klimaneutral und bei der Produktion wird Methan und Lachgas nur bei unsachgemäßem Betrieb von Vergärungs- oder Lagerbehältern in die Atmosphäre freigesetzt. Für Gießen schließen die SWG das aus. Entsprechende Prüfprotokolle der vom TÜV abgenommenen Anlagensensoren dokumentierten die Zuverlässigkeit lückenlos. Lachgas entsteht in der Praxis hingegen vor allem dann, wenn Biomasse als Dünger auf den Acker gelangt und dort von Bakterien abgebaut wird.
Auch wenn es um die Gewinnung von Biomasse durch die regionale Landwirtschaft geht, beziehen die SWG eine klare Gegenposition. Unternehmenssprecherin Ina Weller empfiehlt, beim Thema Biogas genau hinzusehen: „Wichtig ist es zu verstehen, dass Biogas immer nur ein Teil des Energiemixes sein wird. In dem Maßstab und in der Zusammensetzung, wie wir bei den SWG Biomasse als klimaneutrale Energiequelle einsetzen, ist es absolut sinnvoll.“ Weder fördere man dabei eine Monokultur von Energiepflanzen, noch habe man den Anspruch, ganz Deutschland auf Biogas umzustellen. „Es ist eine Fehleinschätzung, dass die Biogasproduktion in Deutschland den Weltmarktpreis für Lebensmittel in die Höhe treibt. Deutschland weist seit Jahren eine rund 50-prozentige Getreideüberproduktion auf. Obendrein macht die Anbaufläche für die Biogasproduktion in der Bundesrepublik gerade einmal 0,19 Prozent der globalen Anbaufläche für Weizen, Gerste und Mais aus“, rechnet Ina Weller vor.
Hohe Effizienz durch Kraft-Wärme-Kopplung
Biogas setzen die SWG ein, weil es sich um eine sichere und vor allem heute schon funktionierende Technologie zur klimaschonenden Energiegewinnung handelt. In Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen produziert das Unternehmen gleichzeitig Strom und Wärme und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende in der Region. Dazu erklärt Ina Weller: „Ausschließlich auf Fotovoltaik- und Windkraftanlagen zu bauen, die wetterabhängig Strom produzieren, reicht nicht aus. Nicht umsonst hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Anteil des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplung bis 2020 auf 25 Prozent zu erhöhen. Wir brauchen nämlich auch weiterhin Erzeugungsarten, die grundlastfähig sind und gleichzeitig eine positive Umweltbilanz aufweisen.“
Bei der Planung der SWG-Biogasanlagen achten die Ingenieure auf viele unterschiedliche Kriterien, die den Ausschlag für eben diese positive Umweltbilanz geben: Die Fachleute berücksichtigen Anfahrts- und Lieferwege sowie den genauen Mix der Biomasse. Außerdem läuft derzeit ein Forschungsprojekt mit der THM (Technischen Hochschule Mittelhessen), das die Optimierung der Gärprozesse und damit eine weitere Steigerung der Energieeffizienz zum Ziel hat.
„Dass ein großes Projekt wie die Energiewende unvermeidlich auch immer wieder die Angst vor dem Unbekannten weckt, dafür haben wir bei den Stadtwerken Verständnis“, versichert Ina Weller. „Wenn es Sorgen gibt, dann nehmen wir diese ernst und treten gerne in den Dialog ein. Bereits mehrfach haben wir daher die Bürger zu Tagen der offenen Tür eingeladen, bei denen sie sich unsere Energieanlagen selbst ansehen können. Bei diesen Gelegenheiten klären wir immer wieder über die positive Klimabilanz auf.“
Allein die Biogasanlage in Großen-Buseck trägt dazu bei, den CO2-Ausstoß jedes Jahr um rund 1200 Tonnen zu reduzieren, sie ist damit ein wichtiger Baustein in der Strategie der SWG. Bereits 2010 hat sich das Unternehmen im Rahmen der „Charta für den Klimaschutz“ des Landes Hessen freiwillig verpflichtet, klimaschädliche Treibhausgasemissionen zu senken und sich für die Energiewende vor Ort stark zu machen.