PowerLahn
Energie aus der Lahn clever genutzt
Ende Juni 2026 soll sie in Betrieb gehen: die erste iKWK-Anlage der Stadtwerke Gießen. Die Abkürzung iKWK steht für innovative Kraft-Wärme-Kopplung. Damit wird ein effizientes und klimaschonendes System zur Energieerzeugung gemeint, das vom Staat gefördert wird.
Erklärfilm zum Projekt PowerLahn
Wie kann die Lahn in Gießen als Wärmequelle genutzt werden? Was bedeutet eigentlich iKWK? Und wie trägt PowerLahn zur Energiewende in Gießen bei? Diese Fragen werden in dem Erklärfilm „PowerLahn“ mit dem Moderator Willi Weitzel beantwortet. Er gibt einen Einblick in dieses zukunftsweisende Projekt und erklärt, welche Technik hinter dieser Anlage steckt. Erfahren Sie, wie Großwärmepumpen, Blockheizkraftwerke und ein Power-to-Heat-Modul zusammen die Energie aus der Lahn nutzen, um Wärme für ca. 3.900 Wohnungen zu erzeugen.
Komponenten des iKWK-Systems bei den SWG
Die iKWK-Anlage der Stadtwerke Gießen setzt sich zusammen aus
- drei Wärmepumpen (die i-Komponente)
- zwei Blockheizkraftwerken (BHKW)
- einer Power-to-Heat-Anlage (P2H)
Die drei Komponenten sind dabei über eine gemeinsame Steuer- und Leittechnik sowie ein gemeinsames Wärmenetz verbunden (siehe Grafik). Darüber hinaus ist auf dem Dach der Energiezentrale an der Lahn eine Photovoltaikanlage zur Eigenversorgung der Wärmepumpe geplant.
In Deutschland gibt es aktuell nur wenig vergleichbare iKWK-Anlagen, die eine Großwärmepumpe als Komponente enthalten.
Komponente I: Großwärmepumpen
Zahlen, Daten, Fakten
Leistung | 3 x 1.774 kWth |
Gesicherte Laufzeit | April bis Oktober |
Emissionsfreie Wärmeauskopplung | bis zu 29.000 MWh |
Versorgte Wohnungen | rund 3.900 |
CO2-Einsparung (gegenüber einem Gaskessel) | 7.767 tCO2/a |
Wärme der Lahn nutzen
Die drei Großwärmepumpen in der Schlachthofstraße entziehen thermische Energie aus der Lahn. Dafür entnehmen die Pumpen dem Fluss Wasser und nutzen dessen Umweltwärme. Beim Durchlauf des Flusswassers durch die Wärmepumpen wird das Wasser abgekühlt und so die thermische Energie entnommen, bevor es wieder in die Lahn zurückgeleitet wird. Die gewonnene Energie wird über die Wärmepumpen dem Fernwärmenetz zugeführt. Damit tragen die Großwärmepumpen zu einer klimaneutralen Energieerzeugung bei.
Standort der Großwärmepumpen
Um das Fließgewässer Lahn für die innovative Wärmetechnik zu nutzen, werden voraussichtlich drei Wasser-Wasser-Wärmepumpen mit einer gesamten thermischen Leistung von bis zu 6 MW am Standort Schlachthofstraße 18 installiert.
Umweltfreundliche Nutzung des Gewässers
Sämtliches Wasser wird nach der thermischen Nutzung wieder in die Lahn eingeleitet, d. h. es gibt keine Wasserverluste. Es wird dabei auch nur Wärme entzogen. Es erfolgt keine stoffliche oder chemische Beeinträchtigung beim gesamten Prozess. Im Gegenteil: Das Flusswasser wird bei der Wiedereinleitung in die Lahn hydraulisch und thermisch so stark durchmischt, dass nur minimale Temperaturunterschiede für das Gesamtgewässer zu erwarten sind.
Kontinuierlich überwacht
Detektionssysteme am Austritt der Wärmepumpenanlage überwachen kontinuierlich das Wasser, bevor es wieder in die Lahn eingeleitet wird. Wird der Austritt von Kältemittel festgestellt, verhindern selbstschließende Klappen, dass dieses in die Lahn gelangen kann.
Komponenten II + III: BHKW und P2H-Modul
Zahlen, Daten Fakten
Leistung thermisch | 2 x 4.726 kWth |
Leistung elektrisch | 2 x 4.507 kWel |
Gesicherte Laufzeit | September bis April |
Wärmeerzeugung | 49.995 MWh |
Stromerzeugung | 46.934 MWh |
Versorgte Wohnungen (Wärme) | rund 6.800 |
Durchschnittshaushalte (Strom) | rund 21.300 |
CO2-Einsparung (gegenüber Turbinenanlage) | 2.736t CO2/a |
Effizient Energie erzeugen
Beim Projekt PowerLahn entstehen neben der Großwärmepumpen noch zwei BHKW mit einer Leistung von je 4,5 Megawatt (MWth) und ein Power-to-Heat-Modul mit einer Leistung von 3 MWth. Die BHKW erzeugen nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) hocheffizient Wärme und Strom. Das Power-to-Heat-Modul wandelt Strom in Wärme um und kommt zum Einsatz, wenn es zu nicht verwertbaren Stromüberschüssen kommen sollte.
Beide Komponenten (BHKW und P2H-Modul) werden auf dem Gelände des Heizkraftwerks im Leihgesterner Weg installiert. Sie ersetzen die älteren Gasturbinen der HKW Gießen GmbH am Standort.
Zusammenspiel der Komponenten im Jahresverlauf
In den kalten Wintermonaten sind die Großwärmepumpen nicht im Einsatz. In dieser Zeit decken in erster Linie die zwei BHKW den im Winter erhöhten Strom- und Wärmebedarf. Durch die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung wird dabei ein Gesamtwirkungsgrad von ca. 95 % erreicht.
In den warmen Monaten (April bis Oktober) laufen die Großwärmepumpen. In dieser Zeit ersetzen sie die umliegenden Erzeugeranlagen im Versorgungsgebiet. Sollte es zu nicht verwertbaren Stromüberschüssen kommen, unterstützt die Power-to-Heat-Anlage und wandelt überschüssigen Strom in Wärme um. Im Sommer erzeugt zudem die Photovoltaikanlage Strom, der effizient für den Betrieb der Großwärmepumpen genutzt wird.
Vorteile von PowerLahn für Gießen und die Region
- Treibhausgasemissionen werden deutlich reduziert
- Versorgungssicherheit für Strom und Wärme wird gestärkt
- Der Anteil erneuerbarer Energien wird erhöht
- Wichtiger Beitrag für die Energiewende hier in Gießen
- Solche innovativen Anlagen helfen, die Netze flexibler und unabhängiger zu betreiben
- Zukünftiger Einsatz von Wasserstoff möglich
FAQ
Wann beginnt der Bau der iKWK-Anlage?
Der Umbau am Standort Leihgesterner Weg hat bereits begonnen. Der Bau der Energiezentrale in der Schlachthofstraße ist für den Spätsommer 2024 avisiert.
Bis wann soll der Bau am Standort in Schlachthofstraße abgeschlossen sein?
Die Energiezentrale sowie das Ein- und Auslaufbauwerk sollen bis Juni 2026 fertiggestellt sein.
Wann ist die Inbetriebnahme des iKWK-Systems geplant?
Das iKWK-System soll bis Mitte 2026 in Betrieb genommen werden.
Wie hoch sind die Investitionskosten für das Gesamtprojekt?
Das Gesamtprojekt hat ein Investitionsvolumen in Höhe von ca. 30 Mio. Euro.
Wie hoch sind die Fördermittel des Wirtschaftsministeriums?
Der Fördermechanismus ergibt sich aus dem Betrieb der Anlage. Aus der iKWK-Förderung werden die eingespeisten Strommengen der BHKW für maximal 3.500 Vollbenutzungsstunden pro Jahr gefördert.
An welchem Uferbereich wird das Ein- und Auslaufbauwerk entstehen?
Das Ein- bzw. Auslaufbauwerk wird direkt im Uferbereich gegenüber der Technikzentrale (Seite Schlachthofstraße) errichtet. Beide Bauwerke sind so ausgestaltet, dass diese mit einem minimalen Eingriff errichtet werden können und die Bereiche im Anschluss renaturiert werden.
Warum werden die Flusswasser-Wärmepumpen nur im Zeitraum von April bis Oktober betrieben?
Der Betrieb der Wärmepumpen ist abhängig von dem Temperaturniveau der Lahn. Dies hat zum einen technische als auch genehmigungsrechtliche Gründe. In der Zeit von April bis Oktober können wir derzeit einen durchgängigen Betrieb der Anlage gewährleisten.
Der Betrieb kann über die genannten Laufzeiten hinausgehen.
Welche Wassertemperatur ist für den effizienten Betrieb der Flusswasser-Wärmepumpe erforderlich?
Für die Ausgestaltung der Anlage wurden langfristige Datenreihen zur Wassertemperatur der Lahn berücksichtigt. Die minimal mögliche Eintrittstemperatur auf der Flusswasserseite liegt bei 5 Grad Celsius.
Wie viel Liter Wasserführung pro Sekunde hat die Lahn an der geplanten Stelle?
Die Lahn hat eine durchschnittliche Wasserführung (je nach Jahreszeit) von 9,7m³/s bis 48,6 m³/s (Kubikmeter pro Sekunde). Tatsächlich wird im Betrieb der Anlage ein Volumenstrom von ca. 0,3 m³/s entnommen.
Um wie viel Grad werden die Flusswasser-Wärmepumpen das Lahnwasser abkühlen?
Das entnommene Wasser wird um ca. 3 bis 5 Kelvin abgekühlt. Die Gesamtgewässerauskühlung an der Einleitstelle liegt damit insgesamt unter 0,5 Kelvin.
Woher stammt der "nichtverwertbare Stromüberschuss", mit dem das Power-to-Heat-Modul betrieben werden soll?
Das Power-to-Heat-Modul dient durch die Sektorenkopplung einer besseren Integration der erneuerbaren Energien. Insbesondere in den Zeiten, in denen durch regenerative Energien eine hohe Stromproduktion auf eine geringe Stromnachfrage trifft, soll mittels Power-to-Heat-Anlagen aus elektrischem Strom Wärme erzeugt und dadurch die Abregelung von regenerativen Erzeugern verhindert werden.
Wo wird sich die Photovoltaikanlage für die Flusswasser-Wärmepumpe befinden?
Die PV-Anlage wird mit einer Größe von ca. 52 kWp (Kilowatt-Peak) auf dem Dach der Energiezentrale errichtet und einen Teil des Gesamtstrombedarfs decken.